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FreshBrains 2.0

FreshBrains - helfen Einsteigerkommunen in den Sattel
Projektzeitraum

Seit 1.9.2015

Land

Bund bzw. bundesweit

Stand der Information

24.4.2020

FreshBrains, das sind einwöchige Radverkehrsaudits in deutschen Kommunen gemeinsam durchgeführt mit Studierenden aus Wuppertal (D) und aus Breda (NL). Die Idee: Studierende sind besonders sensibel für aktuelle Trends und die Niederlande gilt als Vorreiter in der Radverkehrsplanung.

Titel des Rad-Aktions-Planes für die Stadt Kassel

Freshbrains - Was ist das?

Freshbrains, das sind Workshops mit Studierenden von der Bergischen Universität aus Wuppertal und ihren internationalen Partner-Universitäten in deutschen Kommunen. Innerhalb einer Woche wird vor Ort die Verkehrsplanung auditiert und darauf aufbauend werden maßgeschneiderte Vorschläge für die Zukunft entwickelt. Die Studierenden und Betreuer sind für diese Woche durchgehend in der Kommune zu Gast und haben Leihfahrräder oder ÖPNV-Tickets zur Verfügung um sich die Stadt selbst zu "erfahren". Freshbrains-International betrachtet dabei die Verkehrsplanung einer Kommune ganzheitlich und bringt internationales Wissen und Studierende aus Rostov (Russland), Stellenbosch (Südafrika) und Bern (Schweiz) zusammen, um gemeinsam Lösungen für konkrete verkehrliche Fragestellungen zu erarbeiten. Freshbrains-Radverkehr konzentriert sich hingegen auf das Fahrrad als Verkehrsmittel. Hier wird die Gruppe aus Wuppertal von der Breda Universtity of Applied Sciences aus den Niederlanden unterstützt. Im Hintergrund steht die Idee, dass Studierende zum einen fahrradaffiner sind und daher andere Ansätze und neue Ideen einbringen als etablierte Planende. Zum anderen gelten die Niederlande als Vorreiter in der Radverkehrsplanung.

Die Teilnehmenden

Die Studierendengruppen sind heterogen besetzt. Teilnehmen können Bachelor und Master Studierende der Fachrichtungen Bauingenieurwesen, Verkehrswirtschaftsingenieurwesen aus Wuppertal sowie Urban Mobility Design aus Breda. Eine Besonderheit ist die umfassende fachliche Betreuung durch mindestens eine(-n) wissenschaftliche(-n) Mitarbeiter/in und einen Professor/in über die gesamte Dauer des Workshops. Dies trägt zum Qualitätsniveau der Ergebnisse bei, weil auf diesem Weg auch aktuelle und internationale wissenschaftliche Erkenntnisse in die Workshop-Resultate einfließen und so einen schnellen und direkten Weg in die Kommunen finden.

Der Ablauf

Im Vorlauf eines Workshops werden Gruppen gebildet, die Aufgabenstellungen diskutiert und die vorhandenen (Radverkehrs-)Konzepte und Entwicklungspläne auditiert. Zusätzlich werden Fragebögen ausgewertet, die an die Kommune verteilt wurden. Die Workshop-Woche beginnt dann mit der Begrüßung von Seiten der Stadtverwaltung und einem kurzen Vortrag zu den Knackpunkten des städtischen Verkehrs. Als gewinnbringend hat sich herausgestellt, wenn die Studierenden zusätzlich Input-Vorträge von den örtlichen Interessensgemeinschaften bekommen. Ebenfalls von Vorteil: Eine geführte Tour zu den diskutierten Standorten. Der Workshop endet mit einer Abschlussveranstaltung am Ende der Woche.

Erster Punkt bei der inhaltlichen Herangehensweise ist der Aufbau einer Vision. Die Studierenden sollen überlegen, welche Zielgruppen sie ansprechen möchten und wie die vorhanden Stärken der Stadt eingebunden werden können. Sind bereits Leitbilder für den Radverkehr vorhanden, werden diese integriert und ggf. erweitert. Mit den daraus ableitbaren Entwicklungszielen im Blick entwickeln die Studierenden anschließend eigene Ideen wie der Radverkehrsanteil in kurzer Zeit deutlich gesteigert werden kann. Die Werkzeuge reichen von der klassischen Planung auf Papier, über Visualisierungen bis hin zu kleinen Events (Guerillas). Der Kern der Methodik basiert auf dem niederländischen Ansatz des Zusammenspiels von "Hardware, Orgware, Software" und geht somit über die reine Infrastrukturgestaltung weit hinaus (vgl. Exkurs).

Ein Workshop liefert immer zwei maßgeschneiderte Ergebnisse für die Kommune. Eine Präsentation vor Ort und einen Rad-Aktions-Plan im Nachgang. Die Präsentation erfolgt mit Hilfe von PowerPoint, ergänzt durch Animationen und andere Visualisierungen. Der Rad-Aktions-Plan ist eine kurze Broschüre, in welcher die Schlüsselideen nochmal prägnant dargelegt werden.

EXKURS Hardware, Orgware, Software (H-O-S)
Aus den Niederlanden stammt das Leitbild, dass eine gute Radverkehrsförderung aus den Säulen Hardware, Orgware und Software bestehen sollte. Hardware, dass ist der Bereich Infrastruktur. Orgware ist ein Sammelbegriff für Kooperationen, Konzepte und privates Engagement. Die Säule Software bezeichnet Maßnahmen aus den Bereichen Kommunikation, Kultur- und Veranstaltungsförderung. Die Idee: Nur wenn diese Säulen langfristig gleichwertig ausgebildet sind, besteht eine gute Grundlage für einen Anstieg des kommunalen Radanteils.

Seit Beginn der Reihe Freshbrains-Radverkehr im Jahr 2015 wurden Aktions-Pläne für Kassel, Chemnitz, Wuppertal, Mönchengladbach und Bonn erarbeitet. Fast immer wurde ein neues Logo und ein wiederkennbares Design entwickelt. Inhaltlich liegen die Vorschläge aufgrund der verschiedenen Start-Positionen (Einsteiger, Aufsteiger, Vorreiter im Radverkehr) weit auseinander. Für die Stadt Wuppertal wurde mit Fokus auf die angespannte finanzielle und personelle Situation ein Fahrplan entwickelt, wie auch unter diesen Vorzeichen eine gelungene Radverkehrsförderung aussehen könnte.

Der Mehrwert

Der besondere Mehrwert von Freshbrains ist, dass alle Beteiligten voneinander lernen und so eine Win-Win-Win-Situation zwischen Kommunen, Studierende und Universitäten entsteht. So fällt zum Beispiel auf, dass es in der niederländischen Verkehrsplanung mehr Freiheiten für die Planenden gibt und diese auch mehr genutzt werden. Ein gutes Beispiel sind Rad-Schnell-Verbindungen, die in den Niederlanden häufig vorkommen – ohne dass es ein Regelwerk dafür gibt. In Deutschland gibt es hingegen Regelwerke, aber kaum Rad-Schnell-Verbindungen. Ähnliches gilt für Fahrradstraßen, für die von der niederländischen Straßenverkehrsordnung nicht einmal ein Tempo-Limit vorgegeben wird. Das erwünschte Verhalten muss von den Planenden ausschließlich mit Hilfe der Straßenraumgestaltung vermittelt werden. Ein anderer Punkt ist, dass es immer wieder um schöne und einfache Lösungen geht. So denkt man in Kassel nochmal neu über ein Gebäude nach, das eine innerhäusliche Radachse erhalten soll, statt eine direkte Radverbindung zu unterbrechen. In Bonn wurde die attraktive Gestaltung eines Fahrrad- und Fußgängertunnels als pragmatische, kurzfristige Lösung positiv aufgenommen. Grundsätzlich ist man in der niederländischen Verkehrsplanung offener für Experimente, auch in der Herangehensweise. So zählen Guerillas dort zum Handwerkszeug der Verkehrsplanung. Guerillas, das sind kleine Aktionen vor Ort, welche die Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmenden auf ein bestimmtes Thema lenken, zum Mitmachen einladen oder Stimmungen einfangen sollen.

Rückblickend werden die Denkanstöße von den Kommunen positiv aufgenommen, auch weil Hinweise von außerhalb meist ausschließlich aus der Bürgerschaft oder von Institutionen, wie dem ADFC vor Ort kommen. Ein externer Input ist selten und bezieht sich – wenn überhaupt – in der Regel auf Ingenieurbüros. Die daraus resultierende Unabhängigkeit, welche die Studierenden als Personen von außerhalb mitbringen, gibt den Vorschlägen ein besonderes Gewicht. Dies wird insofern deutlich, dass die Präsentation der Ergebnisse häufig zu einer sachlichen und konstruktiven Diskussion zwischen allen Beteiligten führt. Die Studierenden werden zudem regelmäßig gebeten, ihren Vortrag bei weiteren Terminen zum Beispiel beim Treffen des örtlichen Arbeitskreises Radverkehr zu wiederholen und die Visualisierungen und Entwürfe der Stadt für weitere Einsätze zu überlassen.

Für die Studierenden sind die Workshops oft prägend für den Werdegang. Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben nach Abschluss des Projektes das Thema Radverkehr als Schwerpunkt im Studium oder Beruf gewählt. In Gesprächen wurde besonders die Tätigkeit vor Ort und die Zusammenarbeit mit den niederländischen Kommilitonen gelobt. Als innovativ gegenüber anderen Lehrveranstaltungen wurde auch der enge Bezug zur praktischen kommunalen Planungsarbeit im Zusammenspiel von Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit genannt.

Ergebnis

Durch Förderungen des FreshBrains-Konzepts durch das Bundesministerium für Verkehr aus Mitteln zur Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans und digitale Infrastruktur (BMVI, Laufzeit: 09/2015 bis 02/2018, Projekt: FreshBrains - Fahrradaudits durch niederländische und deutsche Planungsstudentinnen und -studenten) und die Dr. Joachim und Hanna Schmidt Stiftung für Umwelt und Verkehr (Laufzeit: 05/2019 bis 10/2020, Projekt: FreshBrains 2.0) konnten folgende Workshops durchgeführt werden:

  • Kassel
  • Chemnitz
  • Mönchengladbach
  • Wuppertal
  • Bonn
  • Dortmund (geplant)

Die Zukunft

Internationales Fachwissen, junge Ideen und den Fachkräften von Morgen schon jetzt die Aufgaben von heute stellen – das ist Freshbrains. Mitmachen kann dabei jede Kommune, die offen für Vorschläge von außen ist und die Bereitschaft mitbringt, die Hochschulen zumindest mit personellen Mitteln bei der Organisation zu unterstützen.

Warum handelt es sich um ein innovatives und nachahmenswertes Beispiel?

Der Austausch von Forschung, Kommunen und Studierenden ist sehr gewinnbringend für alle Beteiligten. Die Herangehensweise ist auf andere Fachbereiche der Verkehrsplanung sehr gut übertragbar. Der Zeitraum kann dabei flexibel angepasst werden. So sind zum Beispiel semesterbegleitende Projekte denkbar. Es wird versucht FreshBrains zukünftig zu verstetigen.

FreshBrains 2.0 - Bilderstrecke

Bild / Video 01 / 04

Guerilla an der Unterführung Poppelsdorfer Allee in der Stadt Bonn

Finanzierung

Finanzierung

Bundesmittel, Private Mittel (ohne Sponsoring und Spenden)

Gesamtvolumen

185.000 Euro

Die ersten vier Workshops wurden vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur im Rahmen des Nationalen Radverkehrsplanes 2020 gefördert. Seit 2019 fördert die Dr. Joachim und Hanna Schmidt Stiftung für Umwelt und Verkehr das Programm FreshBrains 2.0.

Projektträger & Beteiligte

Projektdurchführende Institutionen

Unternehmen, Universität, Verband, Verein, Private

Projektleitung

Prof. Dr.-Ing Jürgen Gerlach; Lehr- und Forschungsgebiet Straßenverkehrsplanung und -technik; Bergische Universität Wuppertal

Projektbeteiligte

Breda University of Applied Sciences

Laufzeit

Dauermaßnahme

Ja

Öffentlichkeitsarbeit & Dokumentation

Projektbeteiligte

Internetseite freshbrains.de

In folgenden Städten wurden Workshops durchgeführt

- Kassel

- Chemnitz

- Mönchengladbach

- Wuppertal

- Bonn

- Dortmund (geplant)

Ansprechpartner auf Projektebene

Prof. Dr.-Ing Jürgen Gerlach

Bergische Universität Wuppertal

Lehr- und Forschungsgebiet Straßenverkehrsplanung und -technik

Projektleitung

Pauluskirchstraße 7

42285 Wuppertal

+49 202 4394088

www.freshbrains.de

Erscheinungsdatum: 29.6.2020

Autor: Simon Hummel (Bergische Universität Wuppertal)