Kreuzungen und Knotenpunkte
Empfehlungen zur sicheren GestaltungDatum 12.1.2023
Der Nationale Radverkehrsplan (NRVP) 3.0 nennt „sichere Knotenpunkte“ als eines der Ziele der Radverkehrsförderung in Deutschland. Der folgende Beitrag erläutert, warum Kreuzungen, im Fachjargon „Knotenpunkte“ genannt, besonders sicherheitsrelevante Radinfrastruktur darstellen. Er stellt sodann die Empfehlungen aus dem NRVP 3.0 und der Begleitbroschüre zum Sonderprogramm „Stadt und Land“, „Einladende Radverkehrsnetze“, zur Gestaltung sicherer Knotenpunkte vor.

Unfallgeschehen
Etwa die Hälfte der Unfälle mit Personenschaden geschieht in Deutschland an Kreuzungen, Einmündungen und Grundstückzufahrten, stellt die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) auf Basis von Daten der Unfallforschung der Versicherer für das Jahr 2019 fest. Der überwiegende Anteil der Unfälle an Kreuzungen, Einmündungen und Zufahrten sind Unfälle beim Abbiegen und beim Einbiegen oder Kreuzen. Diese Unfälle machen etwa ein Drittel aller Unfälle mit Personenschaden in Deutschland aus und ereignen sich überwiegend innerorts. Innerorts sind Pkw bei knapp der Hälfte der tödlichen Einbiegen-/Kreuzen-Unfälle Hauptverursacher. Bei tödlichen Abbiegeunfällen innerorts sind auch Lkw häufige Verursacher.
Knotenpunkte sind also Gefahrenstellen für Radfahrende. Ihre Gestaltung ist besonders relevant für die Verkehrssicherheit von Radfahrenden und anderen Verkehrsteilnehmenden. Dabei kann die Infrastruktur unfallrelevantes Fehlverhalten fördern. Die FGSV zählt dazu ungünstige Geometrie (z. B. große Abbiegeradien, spitze Winkel), schlechte Erkennbarkeit der Verkehrsführung, schlechte Begreifbarkeit der Verkehrsregelung, hohe Komplexität und schlechte Sichtverhältnisse zwischen Kraftfahrzeugen und Radverkehr.
NRVP 3.0
Kreuzungen sind „die kritischsten Infrastrukturelemente für die Verkehrssicherheit von Radfahrenden“
, stellt auch der NRVP 3.0 fest. Das Dokument nennt die folgenden Grundsätze bei der Gestaltung sicherer Knotenpunkte (vgl. Seite 39):
Vorfahrtsregelungen des Radverkehrs an Kreuzungsflächen und Einmündungen mit Aufpflasterungen und Einfärbungen intuitiv erkennbar machen; Zweirichtungsradwege weitestgehend vermeiden.
Sichthindernisse laufend entfernen, denn gute Sichtbeziehungen an Knotenpunkten sind entscheidend für die Sicherheit.
Eigene Lichtsignalphasen von Radfahrenden (und zu Fuß Gehenden) gegenüber abbiegenden Kfz, insbesondere an Knotenpunkten mit vielen Abbiegenden oder hohen Unfallzahlen.
Konfliktzonen entschärfen: durch ausreichende Aufstell- und Abstandsflächen und bei Bedarf eine bauliche Trennung von Rad- und Kfz-Verkehr.
Für alle Verkehrsteilnehmenden verständliche Regelungen für das Links- und Rechtsabbiegen von Radfahrenden, z. B. durch getrennte Ampelschaltungen.
Broschüre „Einladende Radverkehrsnetze“
Auch die Broschüre „Einladende Radverkehrsnetze“, Begleitbroschüre zum Sonderprogramm „Stadt und Land“, hält fest, dass sich an Einmündungen und Knotenpunkten „die meisten und die schwersten Unfälle“
ereignen. Das Dokument plädiert daher für eine „fehlerverzeihende Infrastruktur“
und gibt die folgenden Empfehlungen:
Selbsterklärende Gestaltung
Achten Sie auf ein Kreuzungsdesign, das für alle selbsterklärend ist! Beschilderungen und Lichtzeichen allein sind zu wenig. Vielmehr braucht es eine bauliche Gestaltung der Verkehrsführung für die einzelnen Verkehrsarten. Denken Sie daran, [...] eine komfortable Verkehrsführung für alle Fahrtrichtungen anzubieten, damit auch ein Abbiegen sicher möglich ist. Ein selbsterklärendes Kreuzungsdesign setzt auf eine geringe Komplexität, z. B. durch eine möglichst einheitliche Gestaltung aller Kreuzungen, die Freihaltung von Sichtbeziehungen zwischen den Verkehrsteilnehmenden und eine gute Erkennbarkeit der Radverkehrsführung bereits bei der Zufahrt zum Knotenpunkt.
Getrennte Signalisierung
Besonders viele schwere Unfälle mit Beteiligung von Radfahrenden ereignen sich mit rechtsabbiegenden Kfz. Eine wirkungsvolle Gegenmaßnahme ist die getrennte Signalisierung der Verkehrsströme. Dabei erhalten an einer Lichtsignalanlage der geradeaus fahrende Radverkehr und rechtsabbiegende Kfz ausschließlich zeitlich versetzt Grün. Erforderlich ist dafür u. a. die Installation von Fahrradampeln. Die Sicherheit aller ist dabei höher zu bewerten als der Verkehrsfluss.
Minimierung von Konflikten
Konflikte zwischen dem Kfz-Verkehr und den vulnerablen Verkehrsteilnehmenden können am besten verhindert werden, indem die Konfliktströme getrennt werden – z. B. durch Unter- und Überführungen, eine getrennte Signalisierung oder die Schließung von Einmündungen und Knotenpunktzufahrten für den Kfz-Verkehr. Wo sich die Verkehrsströme begegnen müssen, können Sie Maßnahmen in folgenden Bereichen ergreifen: Abbiegegeschwindigkeiten durch bauliche Maßnahmen reduzieren, Verkehrsströme im Knotenpunkt durch Lenkungsmaßnahmen reduzieren oder Sichthindernisse entfernen, so dass sich die Verkehrsteilnehmenden frühzeitig vor dem Konfliktpunkt wahrnehmen und Radfahrende komfortabel und möglichst flüssig weiterfahren können.
Gute Kreuzungen stellen Radfahrenden eine intuitive und sichere Radverkehrsführung in alle Fahrtrichtungen bereit. Die folgenden Grafiken zeigen auf, worauf es dabei besonders ankommt:



Kreisverkehre

Die Broschüre „Einladende Radverkehrsnetze“ gibt auch Hinweise zu Kreisverkehren. Innerörtliche Kreisverkehre seien „der Turbo für den Radverkehr“
:
Mit einem umlaufenden, bevorrechtigten Radweg können Radfahrende einen Knotenpunkt zügig und auf einer eigenen Verkehrsfläche gleichzeitig sicher queren. Kreisverkehre sind komfortabel, weil sie ein weitgehend konstantes Radfahren ermöglichen und damit sehr energieeffizient sind. Beim Radfahren verbraucht jedes Anfahren aus dem Stand so viel Energie wie eine Fahrstrecke von 100 m.
Innerhalb bebauter Gebiete sollten Radfahrende im Kreisverkehr immer Vorrang erhalten. Dazu wird in den Kreisverkehrszufahrten neben einem Fußgängerüberweg eine bevorrechtigte Radverkehrsfurt angelegt. Derart gestaltete Kreisverkehre verzeichnen ein hohes Sicherheitsniveau und werden von Radfahrenden auch als sehr sicher empfunden.

Gegenüber Kreuzungen mit einer Lichtsignalanlage haben Kreisverkehre mit einem umlaufenden Radweg drei wesentliche Sicherheitsvorteile:
Die Anzahl der kreuzenden Verkehrsströme wird minimiert. Es gibt im Vergleich zu Kreuzungen mit Lichtsignalanlage also weniger Stellen, an denen Kfz- und Radverkehr aufeinandertreffen.
Die dennoch stattfindenden Interaktionen zwischen Kfz- und Radverkehr werden deutlich vereinfacht.
Die Abbiegegeschwindigkeiten des Kfz-Verkehrs sind bei regelkonformer Gestaltung des Kreisverkehrs geringer.
Kreisverkehre können auch gezielt eingesetzt werden, wenn dem Radverkehr im Verlauf einer Radverkehrsachse die schnelle und komfortable Querung einer Hauptverkehrsstraße ermöglicht werden soll – beispielsweise im Zuge einer Fahrradstraßenverbindung, die von einer Hauptverkehrsstraße unterbrochen wird.