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Fahrradstraßen: Definition, Merkmale, Beispiele

Themenmonat "Fahrradstraßen"

Datum 13.12.2022

Mit gut umgesetzten Fahrradstraßen können Städte und Gemeinden vergleichsweise schnell und einfach ein zusammenhängendes Radverkehrsnetz aufbauen. Der folgende Beitrag stellt die wesentlichen Merkmale von Fahrradstraßen vor, zeigt Beispiele von gut umgesetzten Fahrradstraßen auf und macht auf weiterführende Literatur aufmerksam.

Das 3D-Rendering zeigt eine Wohngegend. In der Mitte verläuft, im Hintergrund verschwindend, eine Fahrradstraße, die an einer Einmündung rot eingefärbt ist. An dieser Einmündung endet, von rechts kommende, eine Tempo-30-Zone. Fahrradstraßen-Verkehrsszene aus Broschüre "Einladende Radverkehrsnetze", S. 16
Illustration einer Fahrradstraße aus der Begleitbroschüre zum Sonderprogramm "Stadt und Land", "Einladende Radverkehrsnetze"

Was sind Fahrradstraßen?

Fahrradstraßen sind dem Radverkehr vorbehaltene Straßen. Ihre definierenden Merkmale sind:

  • Der Radverkehr hat in Fahrradstraßen immer Vorrang.
  • Auch Elektro-Kleinstfahrzeuge wie E-Tretroller und Velo-Cars genießen Vorrang.
  • Radfahrende dürfen in Fahrradstraßen nebeneinander fahren, auch in Gruppen.
  • Autos dürfen Fahrradstraßen nicht oder nur mit Einschränkungen nutzen. Fahrradstraßen müssen durch ein Zusatzzeichen ausgeschildert sein, damit Kraftfahrzeuge ebenfalls darauf verkehren dürfen.
  • In Fahrradstraßen ist höchstens Tempo 30 erlaubt. Der Kfz-Verkehr muss, wenn nötig, langsam hinter den Fahrrädern herfahren.
  • Die Regelbreite der Fahrgasse beträgt mindestens vier Meter.

Wo dürfen Fahrradstraßen eingerichtet werden?

Die Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) im Jahr 2021 hat die Schaffung von Fahrradstraßen erleichtert. Ihre Einrichtung ist nun auf den folgenden Straßen möglich:

  • Straßen mit einer hohen Fahrradverkehrsdichte,
  • Straßen mit einer zu erwartenden hohen Fahrradverkehrsdichte,
  • Straßen mit einer hohen Netzbedeutung für den Radverkehr oder
  • Straßen mit lediglich untergeordneter Bedeutung für den Kfz-Verkehr.

Art der Umsetzung entscheidend

Es gibt derzeit in Deutschland nur wenige Ausführungen zur einheitlichen Gestaltung von Fahrradstraßen in Gesetzen und Regelwerken. Dadurch ist bundesweit eine Vielfalt an Varianten entstanden.

Entscheidend für den Erfolg einer Fahrradstraße ist die Qualität ihrer Umsetzung. Fahrradstraßen funktionieren nur dann wirklich gut, wenn sie gut gestaltet sind und den Radverkehr in den Mittelpunkt setzen. So sollten Fahrradstraßen:

  • klar und eindeutig erkennbar sein,
  • keinen oder möglichst wenig Kfz-Verkehr zulassen,
  • das Kfz-Parken an ihren Seiten verbieten,
  • unterbrechungsfreies Radfahren ermöglichen.

Prämierte Beispiele

Ein Beispiel für eine gute Umsetzung ist das Konzept Fahrradstraßen 2.0 in Münster. Die darin enthaltenen Qualitätsstandards wurden 2020 mit dem Deutschen Verkehrsplanungspreis und 2021 mit dem Deutschen Fahrradpreis in der Kategorie „Infrastruktur“ geehrt: breite Fahrgassen, eine flächige Roteinfärbung und die Bevorrechtigung der Fahrradstraße an Knotenpunkten.

Blick auf eine rot eingefärbte Straße mit Fahrrad-Piktogrammen aus der Vogelperspektive (ca. 100 m Höhe) in Münster. Fahrradstraße 2.0 in Münster: Goldstraße
Die Goldstraße in Münsters Innenstadt ist ein Beispiel für die prämierten Qualitätsstandards "Fahrradstraße 2.0" in Münster.

Die Umwandlung des Kölner Friesenwalls zur Fahrradstraße erhielt 2020 ebenfalls den Deutschen Fahrradpreis in der Kategorie „Infrastruktur“. Durch die Umwandlung eines der beiden Längsparkstreifen (etwa 50 Kfz-Stellplätze) konnte die Stadt Platz für eine vier Meter Breite Fahrgasse (zuvor drei Meter) schaffen. Zudem baute die Stadt den Friesenwall an den Knotenpunkten zur Vorfahrtsstraße um.

Checkliste für einladende Fahrradstraßen

In der Begleitbroschüre zum Sonderprogramm "Stadt und Land", dem Leitfaden Einladende Radverkehrsnetze, nennt das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) Fahrradstraßen „ein kluges und effizientes Instrument“, um einladende und sichere Radinfrastruktur zu schaffen. Eine gut gestaltete Fahrradstraße biete „alles, worauf es ankommt, um Menschen zum Radfahren zu motivieren: ein erhöhtes Sicherheitsgefühl, schnelles Vorankommen durch Vorrang an Einmündungen sowie die Möglichkeit, nebeneinander zu fahren.“

Der Leitfaden bietet auf Seite 17 eine „Checkliste für einladende Fahrradstraßen“:

Kfz-Verkehr

Der Kfz-Verkehr soll gemäß StVO nur ausnahmsweise zugelassen werden. Wichtig ist es, den Kfz-Verkehr durch geeignete Maßnahmen wirksam auf Anlieger und Berechtigte zu beschränken.

Vorrang

Fahrradstraßen sollten als Teil des Hauptverbindungsnetzes immer bevorrechtigt werden. Dies kann durch bauliche Maßnahmen an den Einmündungen (Teilaufpflasterungen) erfolgen oder auch verkehrsrechtlich durch Verkehrszeichen 301 bzw. 306.

Ruhender Verkehr

Zur Verbesserung der Verkehrssicherheit sollte das Kfz-Parken in Fahrradstraßen minimiert werden und dort, wo es zugelassen ist, ein markierter oder baulich ausgebildeter Sicherheitstrennstreifen zur Fahrgasse eingerichtet werden. Denken Sie daran, in ausreichender Anzahl Fahrradstellplätze vorzusehen!

Erkennbarkeit

Die Gestaltung der Fahrradstraße muss für alle Verkehrsteilnehmenden intuitiv als „Straße für den Radverkehr“ erkennbar sein. Eine klare Kennzeichnung durch bauliche Maßnahmen und Markierungen im gesamten Streckenverlauf ist dafür elementar.

Fahrgasse

Die optimale Fahrgasse für den fahrenden Verkehr ist, abhängig von den Gegebenheiten vor Ort, 4,00 – 6,00 m breit. Dies ermöglicht ein sicheres Nebeneinanderfahren in beide Richtungen und vermeidet andererseits zu hohe Geschwindigkeiten von Kraftfahrzeugen.

Geschwindigkeit

Auf Fahrradstraßen gilt gemäß StVO grundsätzlich Tempo 30 – und zwar sowohl innerhalb, als auch außerhalb bebauter Gebiete. Die Einhaltung sollte durch gestalterische Maßnahmen des Baulastträgers unterstützt werden.

Weiterführende Literatur

Eine ausführlichere und dennoch relativ knappe Darstellung bietet der ADFC: Gut umgesetzte Fahrradstraßen.

Die Bergische Universität Wuppertal und das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) haben in einem BMDV-geförderten Projekt einen Leitfaden für die Praxis erarbeitet. Dieser ist mit 52 Seiten wesentlich ausführlicher und gibt zahlreiche Gestaltungsempfehlungen.