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Untersuchung der AGFK-BW zu Schutzstreifen

Mehr Schutz für Radfahrende

Datum 22.12.2022

In Baden-Württemberg haben 26 Kommunen über einen Zeitraum von drei Jahren den Einsatz von Schutzstreifen für den Radverkehr getestet - auch außerorts. Die Ergebnisse zeigen, dass Schutzstreifen auch außerorts und auf schmalen Kernfahrbahnen ein sinnvolles Instrument für Kommunen sein können, um Lücken im Radnetz schnell zu schließen. Hierzu hat die AGFK Baden-Württemberg eine Pressemitteilung verfasst, die wir im Folgenden veröffentlichen.

Teststrecke für Schutzstreifen für Radfahrende außerorts kurz vor Heilbronn. Straße mit aufgemaltem Schutzstreifen und Fahrradsymbol in ländlicher, grüner Umgebung an einem sonnigen Tag. AGFK-BW: Teststrecke für Schutzstreifen außerorts bei Heilbronn
Teststrecke für Radverkehrsschutzstreifen außerorts bei Heilbronn

Mehr Sicherheit und Sichtbarkeit sind wichtig für alle Radfahrenden. Die Abschlussberichte der Arbeitsgemeinschaft Fahrrad- und Fußgängerfreundlicher Kommunen in Baden-Württemberg e. V. (AGFK-BW) zum „Modellprojekt Schutzstreifen“ zeigen, dass Schutzstreifen auch außerorts und auf schmalen Kernfahrbahnen ein sinnvolles Instrument für Kommunen sein können, um Lücken im Radnetz schnell zu schließen.

Seit 2019 testeten 26 Kommunen in einem Projekt der AGFK-BW über einen Zeitraum von drei Jahren den Einsatz von Schutzstreifen für den Radverkehr. Mit dem bislang größten Modellprojekt der AGFK-BW wurde auf 39 Modellstrecken für unterschiedliche Verkehrsbedingungen wie Straßenbreiten, Verkehrsbelastung und Längsneigung untersucht, unter welchen Voraussetzungen die Markierung von Schutzstreifen innerorts und außerorts eine effektive Lösung ist. Ziel ist, den Radverkehr insbesondere außerorts und bei schmalen Kernfahrbahnen innerorts sicherer und sichtbarer zu machen. Die Berichte liefern konkrete Empfehlungen für Einsatzorte.

Laut der AGFK-Vision 2030 sollen in ihren 110 Mitgliedskommunen in Baden-Württemberg mindestens die Hälfte aller Wege zu Fuß oder mit dem Rad zurückgelegt werden. Um dies zu erreichen, müssen die Netzlücken zügig geschlossen und die Infrastruktur für den Radverkehr verbessert werden.

Markus Belz, Projektleiter bei der AGFK-BW, sagt: „Die Untersuchungen der Pilotstrecken in Baden-Württemberg zeigen erstmalig, unter welchen Bedingungen Schutzstreifen innerorts wie außerorts eine sichere Verkehrsführung für Radfahrende sein können. Mit dieser Pionierarbeit möchten wir als AGFK-BW dazu beitragen, den Kommunen mehr Möglichkeiten zu bieten, ihre Radverkehrsnetze zu verbessern. Dies soll auch langfristig dazu beitragen, die Anwendung konkreter Infrastrukturelemente zu vereinfachen und natürlich die Verkehrssicherheit zu erhöhen.“

Modellprojekt Schutzstreifen innerorts

Die Ergebnisse der Abschlussberichte zeigen auf, dass die Markierung von Schutzstreifen innerorts eine sinnvolle Ergänzung zu eigenständigen Radwegen ist, wenn die Fahrbahnbreite keine getrennte Radverkehrsanlage zulässt. Schutzstreifen mit schmaler Kernfahrbahn werden insbesondere dann empfohlen, wenn bei geringen bis mäßigen Verkehrsbelastungen eine Durchgängigkeit des Radverkehrsnetzes sichtbar gemacht werden soll oder durch diese eine Erweiterung der Schutzstreifen auf Kosten der Kernfahrbahn möglich ist. Die Markierung von Fahrradpiktogrammen tragen besonders bei Engstellen und in Kurvenbereichen zu einer besseren Sichtbarkeit der Radfahrenden bei. Eine neue Erkenntnis ist, dass bei Steigungsstrecken breite, einseitige Schutzstreifen empfehlenswert sind.

Modellprojekt Schutzstreifen außerorts

Anders als in vielen Nachbarländern sind Schutzstreifen außerorts in Deutschland bislang nicht zulässig. Hierzu liefert die AGFK jetzt eine wissenschaftliche Grundlage mit Empfehlungen für Einsatzgrenzen und Anforderungen, um diese Infrastrukturart künftig auch hierzulande zu ermöglichen. Es wurde deutlich, dass die Markierung von Schutzstreifen einen zügigen Ausbau der Radnetze in Baden-Württemberg begünstigt. Sowohl beidseitige als auch einseitige Schutzstreifen außerorts können den Ergebnissen zufolge bei verschiedenen Fahrbahnbreiten angewandt werden. Bei geringeren Fahrbahnbreiten wird die Anwendung bei niedrigeren Verkehrsbelastungen empfohlen. Zudem sollte die zulässige Höchstgeschwindigkeit bei maximal 70 km/h liegen. Auch außerorts können Piktogrammketten eine sinnvolle Ergänzung zu Schutzstreifen darstellen.

Auf den meisten Modellstrecken ist das Radverkehrsaufkommen nach der Markierung des Schutzstreifens signifikant gestiegen. Spitzenreiter ist dabei der Außerorts-Schutzstreifen der Stadt Heilbronn, wo sich das Radverkehrsaufkommen verfünffachte.

Teststrecke für Schutzstreifen für Radfahrende außerorts bei Heilbronn. Straße mit aufgemaltem Schutzstreifen und Fahrradsymbol in ländlicher, grüner Umgebung an einem sonnigen Tag. AGFK-BW: Test-Schutzstreifen in Heilbronn
Schutzstreifen außerorts bei Heilbronn

Harry Mergel, Oberbürgermeister der Stadt Heilbronn, sagt: „Wir haben in der Stadt Heilbronn durch das „Modellprojekt Schutzstreifen“ der AGFK-BW viele neue Erkenntnisse für unsere Infrastruktur gewonnen. Jetzt hoffen wir, dass die vorgelegten Ergebnisse Eingang in die Erlasse des Verkehrsministeriums finden. Richtig eingesetzt, sind Schutzstreifen ein wichtiges Instrument für Kommunen zur Durchgängigkeit und Verbesserung von Radnetzen, da sie vergleichsweise schnell und unkompliziert umsetzbar sind.“

Schutzstreifen als Sicherheitsgewinn für den Radverkehr

Schutzstreifen bezeichnen einen Bereich am rechten Fahrbahnrand, der durch eine durchbrochene weiße Linie gekennzeichnet ist. Markierte Schutzstreifen sind ein Sicherheitsgewinn für alle Verkehrsteilnehmenden: Radfahrende sind sichtbarer und weichen weniger auf Bürgersteige aus, sodass sie den Fußverkehr nicht beeinträchtigen.

Daraus leiten sich fünf Regeln für ein sicheres Miteinander ab:

  • Grundsätzlich ist der Schutzstreifen für Radfahrende reserviert. Der Autoverkehr darf ihn nur im Bedarfsfall überfahren, ohne dabei Radfahrende zu gefährden.
  • Der Sicherheitsabstand beim Überholen von Radfahrenden beträgt innerorts mindestens 1,50 Meter und außerorts mindestens 2,00 Meter. Ohne ausreichend Abstand darf nicht überholt werden, unabhängig davon, ob auf der Straße ein Schutzstreifen markiert ist oder nicht.
  • Parken und Halten auf dem Schutzstreifen ist nicht erlaubt.
  • Schutzstreifen dürfen nur in Fahrtrichtung benutzt werden.
  • Radfahrende dürfen auf dem Schutzstreifen an der Ampel rechts an wartenden Autos vorbeifahren.

Die beiden Abschlussberichte der AGFK-BW stellen neben anderen Studienergebnissen und Rechtsgutachten eine Entscheidungsgrundlage für das Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg dar, das aktuell an einem Schutzstreifen-Erlass arbeitet. Für die Modellstrecken erteilte das Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg Sondergenehmigungen. Die wissenschaftliche Begleitung übernahmen das Stadt- und Verkehrsplanungsbüro BERNARD sowie das Planungsbüro VIA.

Über die AGFK-BW e. V.

Die Arbeitsgemeinschaft Fahrrad- und Fußgängerfreundlicher Kommunen in Baden-Württemberg e. V. (AGFK-BW) ist ein Netzwerk von mehr als 100 Landkreisen, Städten und Gemeinden. Mit der AGFK-Vision 2030 setzt sich der Verein dafür ein, dass aktive Mobilität als Basismobilität so einfach, sicher und bequem ist, dass Fuß und Rad die erste Wahl sind. Bei den Mitgliedskommunen der AGFK-BW steht aktive Mobilität für ein faires Miteinander aller und eine konsequent verfolgte Vision-Zero-Strategie.